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Zouk in Oldenburg: einmal verführt, auf ewig verfallen

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Ein Feuer lodert in Oldenburg. Das Zouk-Feuer. Eine glühende Gemeinschaft trifft sich in der Nadorster Straße mehrmals in der Woche zum Tanzen. Was aber ist Zouk überhaupt? Werde ich bald auch für diesen Tanz brennen? Klar ist: Wer Berührungsängste hat, sollte lieber die Finger davon lassen.

Zouk und ich waren Fremde – bis Willy Bruns sich bei mir meldete. Jetzt strahlt der 65-Jährige voller Vorfreude. Auch Fernando Rodriguez ist Feuer und Flamme. Er ist Tanztrainer in Bremen und Oldenburg. „Zouk ist ein brasilianischer Tanz und mit dem Lambada verwandt“, erklärt der 33-jährige Spanier. „Zouk ist Leidenschaft!“, werden mir die anderen Tänzer später noch sagen – obwohl es keiner Worte bedarf, um das zu verstehen.
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Ich sehe es. In den Gesichtern spiegelt sich die pure Lebensfreude, von Anfang an. „Der Tanz ist wunderbar harmonisch“, schwärmt Willy, der mit seiner Tanz- und Lebenspartnerin Doris und Tochter Merle Kracht (Bild) hier ist. Der 65-Jährige kam über den Salsa zum Zouk.

„Man ist sich dabei sehr nahe, darum braucht man dafür Humor und Einfühlungsvermögen.“ Besonders gefällt Willy, dass Zouk Raum für Improvisationen lässt. Und er liebt die Szene. „Bei vielen Veranstaltungen wird sehr viel mit einem Partner getanzt“, sagt Willy. „Bei uns wird mehr gewechselt.“
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Tatsächlich. Kaum hat Fernando mir den Grundschritt gezeigt - Schritt mit rechts nach vorne, Gewicht auf dem linken Fuß verlagern, wieder zurück auf den rechten, werde ich schon aufgefordert: „Willst du tanzen?“, fragt ein großer Mann namens Wilfried mich. „Ich weiß nicht, ich kann das doch noch gar nicht“, stammele ich. Das ist Wilfried egal. Also tanzen wir.

„Duuumm, dumm, dumm“ – zwei Schritte nach vorne, beim dritten verlagern wir das Gewicht auf das vordere Bein. Das gleiche Spiel rückwärts. Wilfried hat es drauf und überspielt charmant meine Anfängerfehler. Mein Tanzfreund bekommt hier echte Konkurrenz!
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Nach dem Starttanz machen wir uns vor dem Spiegel warm. Wir dehnen uns, kreisen mit der Hüfte und bewegen den Oberkörper isoliert von der Hüfte nach links und rechts. Fernando führt mit Tanzpartnerin Johanna Kilian die nächsten Schritte vor. Es sieht wahnsinnig sexy aus! Dann packt er mich.
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Ich gehe zur Seite, tanze vor Fernando vorbei. Auf den Fußspitzen drehe ich mich. Wichtig: Der Oberkörper soll immer zum Tanzpartner zeigen. „Willst du nicht öfter hierhin kommen?“, fragt Fernando mit spitzbübischem Grinsen. Ich lache. „Inga ist verliebt!“, behauptet Fotograf Olli mal wieder. Wahrscheinlich nur, damit ich auf den Fotos nett und nicht so konzentriert schaue. Aber er hat Recht, es macht mir Spaß.
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Merle Kracht ist Willy Bruns Tochter und begeisterte Tänzerin. „Beim Zouk sieht alles aus, als wäre es einstudiert, als würde man wissen, was als nächstes kommt", sagt die 33-Jährige. So ist es aber nicht. Die Schrittfolgen sind wie beim Tango freier, von außen nimmt man keine Signale für Figurenwechsel wahr.

Alles sieht leicht und wahnsinnig gefühlvoll aus.

„Beim Zouk tanzt man Bauch an Bauch“, erklärt Fernando. „In Brasilien sofort, in Europa später.“ Als westfälische Mimose bin ich mir nicht sicher, ob ich sofort bäucheln möchte. Aber die Gelegenheit dazu macht den Tanz umso reizvoller.
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Seinen Ursprung hat der Zouk auf den französischsprachigen Karibikinseln Guadeloupe und Martinique. Im Kreolischen bedeutet Zouk „Feier“. Besonders populär ist Zouk heute in Brasilien, Niederlanden, Spanien und Großbritannien.

Brasilien erreichte der Tanz Anfang der 90er-Jahre, als die Lambada-Welle gerade vorbei war. Beim Zouk gibt es zwei Hauptrichtungen, den schnelleren, ursprünglicheren Zouk und den langsameren Zouk, auch Zouk-Love genannt.

Das erste deutsche Zouk-Festival fand 2008 in Bremen statt. Zouk kann man nicht nur zur typischen Musik, sondern auch zu vielen aktuellen Stücken tanzen. Zouk-Versionen gibt es etwa zu Pharell Williams "Happy" und Ed-Sheeran-Songs.

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Tanzlehrer Fernando kam für sein Auslandssemester nach Bremen, beendete sein Philosophie-Studium dort. „Ich bin megaglücklich hier“, sagt er. Er fährt gerne Fahrrad und vermisst die spanische Sonne wegen seiner hellen Haut nicht so sehr wie andere Südeuropäer. Nach dem Studium arbeitete er als Spanischlehrer, fing mit dem Salsa-Tanzen an. Aber: „Ich habe mich dabei immer ein bisschen wie ein Roboter gefühlt.“
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„Salsa ist eckiger“, bestätigt Tänzerin Silvia. Die 47-Jährige hat viele Hobbys: joggen, tauchen, Fitness. „Das Tanzen aber ist das schönste“, sagt sie. Weil der viel „weichere“ Zouk „einfach nur Leidenschaft“ sei. Sie vergesse beim Tanzen alles, sei im Fluss. „Der Montag ist für mich zu einem der schönsten Tage in der Woche geworden", sagt Silvia, strahlt und tanzt weiter.

Lesen Sie hier mehr über die Unterschiede zwischen Salsa und Zouk
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Auf einer Party sah Fernando zum ersten Mal Zouk. „Ich schaute mit großen Augen zu.“ Bevor er erste Tanzstunden in Oldenburg gab, machte er monatelang Werbung und sammelte die Kontakte von 80 Interessenten. Mit 16 Leuten startete er schließlich ins Zouk-Abenteuer. „Wir verbreiten uns durch Mund-zu-Mund-Propaganda“, sagt Fernando. Auch heute umgibt den Oldenburger Zouk die Aura eines Geheimtipps. „Niemand kennt uns, niemand sucht uns.“
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Wir lernen die Welle. Dabei bewegen sich alle Frauen mit dem Oberkörper möglichst fließend nach vorne. Dann richten wir uns wieder auf, lehnen uns nach hinten, auch ein wenig mit dem Kopf. Frauen wie Johanna können dabei ihre langen Haare toll in Szene setzen. Wuuusch - fliegen sie in die Höhe. Eine andere Tänzerin streicht sich durchs Haar. Aber auch die Männer tranieren mit. Bewegungen wie diese geben dem Zouk die besondere Würze, die mir bei einigen Tänzen fehlt.
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„Jeder Mensch, der mich kennt, kennt auch Zouk“, sagt Tanzpartnerin Johanna. Die 24-Jährige tanzt ihn seit vier Jahren. Es fing damit an, dass sie ihren Salsa-Kurs aus zeitlichen Gründen nicht mehr weitermachen konnte. Aber: „Im Nachbarraum der Tanzstunde war Fernando gestanden“, sagt die gebürtige Bayerin. So lernte sie Zouk kennen. Sie hat drei Baustellen im Leben: ihre Arbeit beim Goethe-Institut, das Studium – und Zouk. Wenn sie sich für eine Sache entscheiden müsste, wüsste sie sofort, was sie wählen würde.
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„Beim Salsa tanzt man zu zweit“, sagt Johanna. „Beim Zouk aber ist man eins.“ Das sei der Unterschied. „Die Verbindung zum Partner ist eine andere." Das habe ich noch nicht gespürt, zu sehr habe ich mich auf die Schritte konzentriert.

Aber Johanna und Fernando führen es vor. Zouk könne man zu Songs mit starkem Beat, aber auch zu langsameren, gefühlvolleren Liedern tanzen, sagt Fernando - und:  „Manchmal habe ich Lust auf was Romantisches.“
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„Nach Zouk kommt nichts mehr!“ Die Tänzer von der Nadorster Straße sind überzeugt, dass ich das Ende dieser Serie einläuten kann. Wieder zu Hause bin ich tatsächlich sehr entspannt. Die zehn Sachen, die vorher noch gleichzeitig in meinem Kopf herumspukten, sind verschwunden.

Zouk hat mir vor allem wegen seines fließenden Charakters sehr, sehr gut gefallen. Dass auch Frauen zum Tanz auffordern dürfen, ist mir ebenfalls sympathisch. Mein Tanzfreund ist sowieso Feuer und Flamme, weil er sich ein Youtube-Video angesehen hat: „Hottest Zouk Dance ever.“ So viel dazu. Aber Stopp! So leicht lasse ich mich nicht einwickeln – die Suche geht weiter. Einige spannende Tänze warten noch auf mich.

Fotos, Videos: Oliver Perkuhn

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Ich habe einen überaus tanzwütigen Freund. Bei jeder guten Gelegenheit – Disco, Stadtfest, Grünkohltour – schleudert er mich so wild über die Tanzfläche, dass mir nach spätestens zwei Runden schwindelig ist. Ohne Gnade! Dieser Freund fragte mich also, ob wir nicht mal einen Tanzkurs zusammen machen wollen. Ja klar! Warum nicht? Selbst bei unserem gekonnten Freestyle ist noch Luft nach oben.

Aber welchen Tanz lernen wir bloß? Es gibt ja so viele. Die Lösung lag auf der Hand: Ich tanze mich einmal quer durch Oldenburg – und dann entscheiden wir. Beziehungsweise ich. Denn das letzte Wort liegt bei mir, wie mir der Freund großzügigerweise versicherte. Bis ich den perfekten Kurs für uns gefunden habe, teste ich also verschiedene Stile und erzähle hier von meiner tänzerischen Reise durch die Stadt.


Sie tanzen? Und wollen Inga Wolter von ihrem Hobby überzeugen? Dann melden Sie sich unter inga.wolter@nwzmedien.de.
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