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Niels Högel: Geschichte des Krankenhaus-Serienmörders

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Kapitel 1

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Niels Högel, ein ehemaliger Krankenpfleger aus Wilhelmshaven, hat 106 Menschen getötet – mindestens. Denn das sind nur die Fälle, die ihm nachgewiesen werden konnten. Die tatsächliche Zahl seiner Opfer könnte doppelt so hoch sein. Es ist die größte Mordserie, die Deutschland seit Ende des Zweiten Weltkrieges erlebt hat.
Aber der Fall Högel ist nicht nur unfassbar – er ist auch komplex.

Wir haben es mit einem Zeitraum von 18 Jahren zu tun, mit Kliniken, Altenheimen und Rettungswagen als möglichen Tatorten, mit mindestens fünf verschiedenen Medikamenten als Tatwaffen. Wir haben es mit einer Kultur des Wegschauens in den Kliniken zu tun, die möglicherweise Menschenleben gekostet hat. Wir haben es mit Fehlern bei den Justizbehörden zu tun, die eine Aufklärung der Verbrechen immer weiter verzögerten. Wir haben es mit Angehörigen von Opfern zu tun, die nie erfahren werden, ob ihre Liebsten im Krankenhaus ermordet wurden, und die darüber selbst krank geworden sind.

Wie erzählt man so eine Geschichte am besten? Womit fängt man an?

Wir glauben, dass es viele Seiten gibt, von denen man sich dem Fall Högel nähern kann. Wir erzählen Ihnen sieben Geschichten (erkennbar durch gelbe Pin-Up-Zettel), die jede für sich stehen und doch alle miteinander zusammenhängen.

(Bild: Bernd Thissen/dpa)

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Der Krankenpfleger Niels Högel wurde bereits wegen sechs Taten an Patienten zu lebenslanger Haft verurteilt. Anfang 2018 klagte die Staatsanwaltschaft den 41-Jährigen wegen weiterer 97 Fälle an. Was genau bedeutet das für die Opfer, die Justiz und Högel? Eine Einschätzung von NWZ-Reporter Karsten Krogmann.






(Bild: Christian J. Ahlers)

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Am Anfang steht ein Gerichtstermin: Ein ehemaliger Krankenpfleger, 37 Jahre alt, soll sich wegen Mordverdacht vor der großen Strafkammer verantworten; die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann vor, auf der Intensivstation des Klinikums Delmenhorst fünf Patienten getötet zu haben. Der Pfleger sitzt bereits im Gefängnis, 2008 ist er wegen Mordversuch an einem Patienten zu siebeneinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Sechs Tote im Krankenhaus - das ist kein gewöhnlicher Fall.

Die NWZ-Reportagenredaktion übernimmt die Berichterstattung. Reporter Marco Seng schreibt eine Vorschau und geht im September 2014 zur Prozesseröffnung im großen Saal des Landgerichts Oldenburg. Dort stellt sich schnell heraus, dass hinter den Vorwürfen gegen Högel sehr viel mehr stecken könnte, als die Anklageschrift ausführt. Gleich der erste Zeuge belastet den Angeklagten schwer. „Krankenpfleger soll Serienkiller sein“, schreibt die Nordwest-Zeitung am nächsten Tag auf der Titelseite: „Bis zu 100 Patienten in Klinikum Delmenhorst umgebracht?“ Bald muss auch diese Zahl erhöht werden. „Hunderte Patienten getötet?“, fragt Sengs Reporter-Kollege Karsten Krogmann wenige Wochen später auf der Titelseite im Oktober 2014: „321 Menschen starben während der Dienstzeit des angeklagten Pflegers“.

Vor Gericht hatten Delmenhorster Polizisten ihre „Statistik des Grauens“ vorgestellt haben, demnach verdoppelte sich im Klinikum die Zahl der Todesfälle während der Beschäftigungszeit von Högels. Gleichzeitig zeigt sich, dass der Fall Högel nicht nur für eine unfassbare Mordserie steht, sondern für ein Versagen und Wegschauen an vielen Stellen. Schon früh gab es in Delmenhorst Verdachtsmomente gegen den Pfleger, aber niemand zog Konsequenzen. Und warum hatte Högel zuvor so plötzlich seine alte Arbeitsstelle im Klinikum Oldenburg verlassen müssen?

Offene Frage gibt es auch mit Blick auf Polizei und Staatsanwaltschaft: Die „Statistik des Grauens“ lag seit 2006 im Büro des Staatsanwalts – aber niemand ermittelte. Warum steht Högel erst jetzt vor Gericht? Und weshalb „nur“ wegen fünf Taten? Den NWZ-Reportern wird klar: Sie müssen breiter recherchieren, nicht nur im Gerichtssaal, sondern auch in den Kliniken, bei Polizei und Justiz. Sie organisieren sich Dokumente, sie sprechen mit Zeugen und Beteiligten. Anfang November 2014 erscheint auf NWZonline eine erste Fassung ihres umfangreichen Dossiers „Warum stoppte niemand Niels Högel?“ Der Text schlägt hohe Wellen. 2016 werden Krogmann und Seng für ihre Arbeit mit dem Theodor-Wolff-Preis ausgezeichnet, dem wichtigsten deutschen Zeitungspreis. Seither sind in der Nordwest-Zeitung und auf NWZonline mehrere Hundert Texte zum Fall Högel erschienen. Immer neue Details wurden bekannt, „Das Grauen nimmt kein Ende“, titelte die Zeitung noch im November 2017. Mehrfach mussten die Reporter ihr preisgekröntes Online-Dossier aktualisieren, bis für sie eine Grenze erreicht war: Um alle neuen Erkenntnisse einzuarbeiten, um die vielen Lügen Högels vor Gericht zu entlarven, hätten die Reporter einfach einen neuen Text schreiben können.

Die Nordwest-Zeitung möchte ihren Lesern weiterhin einen korrekten, aktuellen und verständlichen Zugang zu dem komplexen Fall Högel bieten. Deshalb haben wir jetzt dieses neue Multimedia-Dossier erstellt: „Die Akte Högel“. Wir nähern uns dem Fall von verschiedenen Seiten, indem wir einzelne Geschichten erzählen, die jede für einen Handlungsstrang im Komplex stehen - und die doch alle miteinander verbunden sind. Die Handlungsstränge heißen „Der Mörder“, „Die Opfer“, „Die Kliniken“, „Die Justiz“, „Die Heldin“, „Die Tatwaffe“ und „Wir alle“. Einige der Texte haben wir in Teilen schon veröffentlicht, andere sind neu, alle sind auf den neuesten Stand gebracht.

Texte: Karsten Krogmann
Multimedia: Christian J. Ahlers

(Bild: David Ausserhofer)

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