Die neue psychiatrische AbteilungStation D3 - Täter in der KriseJustizvollzugsanstalt Oldenburg
Ein Rundgang durch die Station D3 in der Justizvollzugsanstalt Oldenburg.
266.000 Euro InvestitionNach Umbau "barrierefrei"
Die Kosten von 266.000 Euro stammen aus Steuergeldern, viele Arbeiten seien aber auch in Eigenleistung gemeistert worden.
Um einen reibungslosen Betrieb und die entsprechend zügige Renovierung zu gewährleisten, wurden die vormals hier untergebrachten Häftlinge zu Beginn des Umbaus auf andere Stationen verteilt.
Der KrisenraumIn akuter Not
Ein "bisschen stolz" sei er schon darauf, so Thomas Heidemann (Fachbereichsleiter Bau) - weil man durch ganz Niedersachsen gereist sei, um die besten Elemente für den besten, modernsten Ansprüchen erfüllenden Krisenraum zu finden. Das sei gelungen, findet auch JVA-Leiter Gerd Koop.
Therapeutisch wertvollFenster zum Hof
Einen Sonderstatus haben die in der Psychiatrischen Abteilung Inhaftierten nicht. „Sie sollen wissen, dass sie Strafgefangene sind, sie werden nicht hofiert, brauchen auch keine zusätzlichen Stigmata“, sagt Inga Deutschmann, die Leitende Psychiaterin.
Was Gefangene hier aber sollen: So weit wie möglich stabilisiert werden, damit sie wieder zurück in den normalen Vollzug „entlassen“ und vielleicht auch resozialisiert werden können.
Der FitnessraumGesunder Geist im ...
Teelöffel, Tassen und Co. im Hintergrund sind indes nicht für die Inhaftierten für einen etwaigen gemütlichen Plausch während des Trainings gedacht, sondern für Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz.
Sie eröffnet die Station am 19. Juli.
AblenkungDer schnelle Kick
Eine Tischtennisplatte und ein Kickertisch in Schwarz-Gelb sollten aber den ersten Bewegungsdrang oder auch die Langeweile lindern.
Im Hintergrund hängt ein Schild mit dem Anstalts-Credo: "Null Toleranz". Dort steht geschrieben: "Wir in der JVA Oldenburg akzeptieren keinerlei Ausübung von Gewalt - weder in körperlicher Hinsicht noch in seelischer Form. Durch Schweigen können wir solche Taten aber nicht verhindern, Schweigen schützt den Täter!" Und: "Der Schutz von Ihnen und anderen betroffenen Inhaftierten hat für uns oberste Priorität!"
BetätigungsfelderKunst und Können
Malerei oder Schreinern - auch dafür gibt es hier einen entsprechenden Raum und etwaige Unterstützung.
Ehemalige PflegekräfteRund um die Uhr
Allesamt sind sie medizinische Fachkräfte, so auch examinierte Gesundheits- und Krankenpfleger, die eine zusätzliche Ausbildung im mittleren Vollzugsdienst hinter sich haben und auf den Ernstfall also zumindest vorbereitet sein dürften.
Karge EinrichtungDie Aufnahme
Bis zu ihrem ersten Arztkontakt werden "Neuzugänge" in diesem Raum untergebracht. Der ist kameraüberwacht, hat keinen abschließbaren Nassbereich. Wichtig für die Pfleger vor Ort: Hört der Inhaftierte Stimmen? Hat er zwanghafte Momente? Spricht er zu Wänden? Dieser Kurzaufenthalt in einem dieser beiden Spezialräume kann schon reichlich Aufschluss über die Schwere der Erkrankung - und die nötige Therapie - geben.
BehindertengerechtNicht ganz "barrierefrei"
NasszellenIn Gemeinschaft
ResozialisierungSchnell gekocht
In der offen stehenden Gemeinschaftsküche können sich Inhaftierte selbst etwas zubereiten.
Kein VersteckNötige Transparenz
Transparente Rückwände verhindern, dass Inhaftierte dumme Dinge tun und gefährliche Gegenstände darin verschwinden lassen.
GruppentherapieGroße Runde im Eck
Bis dahin erhalten sie regelmäßige Einzel- und Gruppengespräche, aber auch Untersuchungen und „kurzfristige Interventionen“, wie Inga Deutschmann sagt - falls nötig.
VideoüberwachungUnter Kontrolle
Gerade im Krisenraum oder den Aufnahmezimmern können sie im Notfall eine schnelle Hilfe ermöglichen. "Einen Suizid aber kann keine Kamera verhindern", so die Psychiaterin.
Die Station20 Plätze für "Patienten"
20 Plätze sind hier geschaffen worden, angesichts der Vielzahl potenzieller Kandidaten wird die Abteilung damit auf Jahre „voll ausgebucht sein“. Das wird Justizministerin Niewisch-Lennartz zwar nicht unbedingt erfreuen, aber ganz bestimmt erleichtern. Der Anteil von Strafgefangenen mit psychischen Störungen soll bei 70 bis 80 Prozent liegen, sagt sie. Therapiebedürftig seien indes rund 20 Prozent. Angesichts von mehreren Tausend Inhaftierten allein in Niedersachsen ist die Oldenburger Station da eher der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein.
Wenig InteressePsychiater gesucht
Verwundern tut das nicht, schließlich ist angesichts des Ärztemangels in diesem Fachgebiet auch wie gerade die Psychatrische Abteilung einer Justizvollzugsanstalt (wo in der Hauptsache schwere Jungs wegen Mordes und anderen ebenso unschönen Delikten untergebracht sind) nicht unbedingt Jedermanns erste Wahl.
KooperationenHilfreiche Nachbarschaft
Hier in Oldenburg gibt es aber eine Kooperation, ein Stufenmodell mit der hiesigen Karl-Jaspers-Klinik.
Außerdem gibt es einen Austausch mit der neuen Suchtklinik in Kreyenbrück, nur wenige hundert Meter entfernt.
Die JVA Oldenburg
Hierzu gehört absolute Sauberkeit in der Anstalt, harte Konsequenzen schon bei kleinen Gewalttätigkeiten und Sanktionen bei geringem Suchtmittelmissbrauch, heißt es. Dieses System funktioniere seit 20 Jahren.
Koop dazu: "Wir wollen mit unserer Arbeit in der JVA Oldenburg einen sicheren Vollzug gewährleisten, einen professionellen Umgang mit den Gefangenen sicherstellen und eine Integration der Gefangenen nach der Entlassung ermöglichen."
Das Gebäude wurde im Jahr 2001 auf einem etwa zehn Hektar großen Teilstück der ehemaligen Hindenburg-Kaserne im Stadtteil Kreyenbrück in Betrieb genommen. Die Baukosten betrugen ca. 53 Millionen Euro.
Die JVA Oldenburg entspricht höchsten Sicherheitsstandards. Bauliche Maßnahmen, zum Beispiel die Anstaltsmauer von 6,5 Metern Höhe, detektierte Zäune, Videotechnik, Alarm- und Sicherungseinrichtungen, ermöglichen einen sicheren Vollzug. Besonders gefährliche Gefangene sind auf einer speziellen Sicherheitsstation untergebracht. In der JVA Oldenburg wird Untersuchungshaft und Strafhaft vollzogen. Die Anstalt verfügt über 304 Haftplätze.
Zur JVA Oldenburg gehören zwei weitere Abteilungen. In Nordenham (46 Haftplätze, davon sechs Frauen), in Wilhelmshaven (77 Haftplätze) wird offener Vollzug und Freigang vollzogen. Zurzeit verfügt die Justizvollzugsanstalt Oldenburg damit über 427 Haftplätze.
Impressum
Fotos und Texte:
Marc Geschonke für die NWZ Oldenburg
Weitere Nachrichten - auch zur JVA Oldenburg - finden Sie auf
www.NWZonline.de