Programm und InfosKibum 2017Die Oldenburger Kinder- und Jugendbuchmesse
Das Programm verspricht über 270 Veranstaltungen an 16 Orten - und damit eine spannende Zeit. Wir haben für Sie die wichtigsten Termine zusammengefasst und geben Ihnen allerlei Wissenswertes mit an die Hand!
Der Auftakt 1975Historisches
1975 war’s. Ein Oktober. Und ganz genau so hatte es damals in der NWZ geheißen. Der Reporter berichtete von Werken für Ein- bis Dreijährige, die “so hinreißend illustriert sind, dass viele Erwachsene sie sich am liebsten selbst in den Bücherschrank stellen möchten”, schreibt darin über “Knaben mit Stimmbruch”, die sich albernd auf den Turnhallen-Matten räkeln und “astreine Schinken” in die Runde reichen.
Interview mit Regina PetersKibum, kurz erklärt (1)
Musik, Schweden - und jetzt Polen: Nach welchen Kriterien wird das jeweilige Kibum-Motto ausgewählt?
In jedem Jahr stimmt der Kibum-Korat mit Vertreterinnen und Vertretern der Stadt Oldenburg und der Carl von Ossietzky Universität gemeinschaftlich über das Motto ab. Die Themenwahl kann aus gegebenem Anlass erfolgen. So wird die Kibum 2017 – wie zuvor für die „Begegnungen“ mit China (2010), (Süd-) Afrika (2012) und der Türkei (2014) – aktuell zu einem Höhepunkt der städtischen „Polen Begegnungen“-Reihe.
Zum 20. Jahrestag des Mauerfalls lautete das Motto 2009 „Checkpoint Kibum“. Oder wir reagieren auf besonders präsente Strömungen in der Kinderliteratur, wie 2015 mit der Musik-Kibum.
Was Buchstaben so könnenGigantisches für Zwerge
Nur Buchstaben.
Bücher.
Mit vielen Seiten und noch mehr phantastischen Geschichten.
Und die jungen Leute lieben es.
Trotzdem!
Anfangs viel KritikJährlich 2500 Neuerscheinungen
Offenbar fürchtete man die ungefilterte Masse einer nichtkommerziellen Messe, zu der die Verlage kostenlos ihre Bücher einsenden - gleichgültig, ob Schundliteratur, Neuerscheinungen oder Neuauflagen.
Glücklicherweise lagen die Kritiker damals falsch, wie die Zahlen beweisen: Mittlerweile kommen mehr als dreimal so viele kleine und größere Gäste, um sich durch die gleich 2500 deutschsprachigen Neuerscheinungen aus 300 Verlagen zu lesen.
Vom Regal in die SchmökereckeDie härtesten Kritiker
Diese Hingabe der Jüngsten und Jüngeren, diese Hinfortträumleserei in fremde Welten und Gedanken - sie ist es, die zahlreiche Nachwuchsautoren Jahr um Jahr ihre Hoffnungen in einen Umschlag packen und gen Oldenburg senden lässt. Überdies enthalten: ihr Erstlingswerk in diesem Segment. Bestehend also aus niedlichen Feen und bösen Biestern, traurigen Erinnerungen wie zauberschönen Phantastereien - und damit vermeintlich völlig unpolitischen Themengebieten.
Premiere im Jahr 1977Der große Preis
Im Januar 1977 schlug die SPD-Ratsfraktion vor, jährlich einen entsprechenden Preis in Höhe von 10.000 D-Mark auszuschreiben - jeweils für die besten Erstlingswerke und gleichermaßen hoffnungsvollsten Talente. Keine zwei Monate später war es dann auch beschlossene Sache - im Mai wurde bundesweit zum Wettbewerb aufgerufen. Schlussendlich zählte das Kulturdezernat beachtliche 101 Einsendungen. Darunter Titel wie “Das Wildschwein Edeltraut und der Waldspecht Gandalf”, “Der Elefant im Butterfass” oder “Hans Hemd trägt immer nur ein Hemd”.
Leonie Ossowski war die ersteDie große Flatter
“Ganz ehrlich? Ich war selbst überrascht und wusste nicht, dass mein Verlag mich damals beworben hat”, sagt Leonie Ossowski mit dem Rückhalt aus über zwei Dutzend erfolgreichen Veröffentlichungen in ihrer Karriere. Im Jahr 1977 wurde sie mit ihrem nüchtern-brachialen Jugendroman “Die große Flatter” zur ersten Preisträgerin und Gewinnerin von immerhin 5000 Euro.
Für Ossowski bedeutete “Die große Flatter” den großen Durchbruch. Ein Jugendbuch zwar, aber für die Autorin sei “jeder Vierzehnjährige - literarisch gesehen - ein Erwachsener”, hieß es in der Begründung der Jury.
Klassische Literaturförderung "Dieses Vermögen wecken"
Und das war der fünfköpfigen Jury (darunter die Schülerin Ute Petershagen und Pädagoge Hans Bödecker) mit ihrer Entscheidung allemal geglückt. Ossowskis Jugendbuch war anders als die anderen. Darauf hatte man viel Wert gelegt. Schließlich dürfe Kinder- und Jugendliteratur nicht “gemacht werden für die verständlichen und wundersamen Wunschträume Erwachsener”, hieß es damals.
Und: "Statt die Urteilskraft und Phantasie junger Leser ungebeten zu verwalten, sollten Autoren so schreiben, dass sie deren Vermögen zu erfassen, zu differenzieren und zu entscheiden, weckten und verfeinerten.”
Realität ohne RetuscheNüchterne Phantasterei
Phantastisches und Nüchternes - beides bräuchten Kinder und Jugendliche, um ihre Kreativität am Leben zu erhalten, sagt sie: “Wenn ein Thema gut gebaut ist, dann wird ein Kind neugierig auf bestimmte Dinge, die will es weiterverfolgen.” In Zeiten von Smartphones und TV-Dauerberieselung seien Kinder ausgelastet. “Das ist das Furchtbare”, sagt Ossowski mit klarem Blick und markigen Worten im exklusiven NWZ-Interview 2015: "Ich sehe es ja an meiner Familie - glauben Sie mal nicht, dass meine zwölf Enkel meine Bücher gelesen haben!"
Was man schenken sollteBeim Frühschoppen fing's an
“Welche Bücher soll man Kindern schenken?” - so lautete die Fragestellung zum Novemberthema des damaligen Frühschoppens. Professor Dr. Wolfgang Promies - seinerzeit Prorektor der Uni Oldenburg (2002 verstorben) - referierte hier auf Einladung, sah sich schließlich aber auch mit den Wünschen der anwesenden Eltern konfrontiert, doch einmal eine Kinderbuchausstellung zu organisieren, über die sich die Bevölkerung besser informieren könne... Promies willigte ein.
Bloß keine GängeleiDas Kind im Mittelpunkt
Was er dann aber noch als immerwährenden Anker der Kibum auswarf, ist in der Rückschau umso wertvoller: “Das Kind, der Jugendliche, sind nicht Objekt, sondern Subjekt der geplanten Ausstellung”, sagte er, “sie sollen lesen, was sie wollen, nicht was Eltern und dergleichen Kinderfreunde für gut oder ein Erzieher für unterrichtsfördernd befunden haben.”
Sprich: Auf eine “Gängelei” der jungen Besucher verzichtete man ausdrücklich. Allerdings mühte man sich, erwachsene Besucher mit Infoveranstaltungen und Ausstellungen zu begleiten, ihnen so ein eigenes Urteil über die Qualität der gezeigten Bücher zu ermöglichen.
Keine WanderausstellungViel größer als gedacht
Das wiederum animierte die Macher, für 1977 eine nunmehr zweiwöchige Messe in Aussicht zu stellen. Doch von wegen: Im Folgejahr verzeichneten sie wieder deutlich weniger Besucher. Ob es möglicherweise mit den zähen Eröffnungsveranstaltungen zusammenhing, bei denen stets vermeintlich wichtige Sponsoren und Veranstalter vermeintlich wichtige Reden halten und ihre Nasen zeigen mussten?
Wie eine Rakete alles veränderteLieber Spaß als Reden
Er hatte 1977 den dreikäsehohen Sohnemann mit zur Eröffnung genommen - doch all die vielen unverständlichen Worte da oben ermüdeten den jungen Mann sogleich und nahmen ihm jeglichen Spaß. Also ließ er mit der Begründung „langweilig!“ eine kleine Rakete mit Zündplättchen fallen – was zunächst für einen lauten Knall und allgemeinen Schrecken, schließlich aber auch für ein Umdenken im Konzept sorgte.
Seit quasi diesem Moment ist die Messe-Eröffnung deutlich kindgerechter und spannender ausgerichtet – mit Programm, Tamtam wie Promis.
Interview mit Regina PetersKibum - kurz erklärt (2)
Meine erste Kibum war im Jahr 2004, das war damals die 30. Kibum überhaupt. Es ist toll, wenn sich Planungen und Konzepte dann in jedem Jahr im November ab der Eröffnung mit quirligem Leben füllen und funktionieren, vom ersten Kibum-Tag bis zum letzten.
Fußballer schnappen sich nach großen Erfolgen den Spielball, Cineasten sichern sich Filmplakate oder Requisiten. Was nehmen Sie sich von einer Kibum mit?
Sehr intensive Begegnungen und Impulse. „Bleibend“ sind für mich seit 2010 unsere jährlichen und inhaltlich immer neuen Kibum-Bücher. Jede die Kibum besuchende Grundschulklasse erhält ein Kibum-Buchexemplar für ihre Nachbereitung und Klassenbibliothek geschenkt. So bleibt hoffentlich auch ein wenig Kibum in den Kinderköpfen – bis zur nächsten Kibum.
Hochdotierte JuryKleine Tricks
Für die Jury des Kinder- und Jugendbuchpreises installierte man nicht nur Pädagogen, Professoren, Schriftsteller und eine Schülerin, sondern holte sich kurzerhand mit Ute Blaich (2004 verstorben) auch die Literaturkritikerin der “Zeit” dazu. “Das war erste Sahne - und ganz bewusst so gewählt”, so Ekkehard Seeber.
1999, zur Jubiläumsveranstaltung, konnte er dann gar nicht mehr anders als die Kibum zum “geradezu unglaublichen Paradepferd Oldenburgs” zu ernennen. “Aus meiner Sicht ist die Kibum eine kulturpolitische Dauerleistung [...], mit auch national erheblichem Gewicht.”
Cassetten, Videorekorder und ComputerGefährliche Konkurrenz
1991 wurde dann für 135.000 D-Mark echtes Messemobiliar angeschafft, 1992 folgte der Umzug von der Cäcilienschule ins deutlich größere und neue städtische Kulturzentrum PFL. Trotz der räumlichen Veränderung: Ein Jahr vor Volljährigkeit der Messe waren die Kinderschuhe längst viel zu klein geworden. Grund waren vor allem die Neuen Medien. Schallplatten und Kassetten hatten in den 70er und 80er Jahren immer mehr Kinder in ihren Bann gezogen, irgendwann tauchten Videorecorder auf, nun kamen plötzlich Computer ins Spiel.
Und sie stellten die Macher vor existentielle Fragen. Sollte man audiovisuellen und elektronischen Medien eine Chance geben, das klassische Buch auf einer Buchmesse zu verdrängen?
Kinder an die MausPro Medienvielfalt
Zwei Zehnjährige hatten sich das Spektakel amüsiert angeschaut, sagt er, – und nach einigen peinlichen Momenten dann auch ein Einsehen mit den älteren Herrn. „Soll ich dir das zeigen? – fragte einer der Jungs“, sagt Seeber, „und dann lief das Ding nach zwei Minuten wieder.“ Das habe den Verantwortlichen damals gezeigt, dass junge Leute doch völlig anders, ja selbstverständlich, mit den neuen Medien umgingen als die Erwachsenen. Also hielt die Elektronik Einzug bei der Kibum.
Nicht ganz unproblematisch. Es wurde engagiert über einen Umzug in die Weser-Ems-Hallen diskutiert. “Die Kibum konnte ja nicht zugleich eine kleine Frankfurter Buchmesse für Kinder und Jugendliche - und eine kleine Cebit sein - und das alles noch im PFL.” Was man heute weiß: Die Idee der Messe in den Messehallen zerschlug sich, vor allem, weil man keine Großsponsoren für eine derartige Kommerzialisierung finden konnte, vielleicht ja auch nicht wollte.
Meister der BeschränkungSechsstellige Kosten
Immerhin zehn Rechner, vollgepackt mit aktuellen Simulations- und Spaßspielen, sowie iPads mit zig Bezahl-Apps können diesmal im Mediensaal des PFL von den Besuchern genutzt und ausprobiert werden. Das ist eine überschaubare Zahl - deswegen bleiben pro Daddel-Durchgang zumeist auch nur zehn bis fünfzehn Minuten, damit alle Kinder mal ran dürfen. Kostenfrei, natürlich. Wie alles bei der Kibum. Zumindest für die Besucher.
Für die Macher ist die Messe indes kein Schnäppchen. Von den anfangs 9000 D-Mark, die der mehrtägige Lesespaß 1975 kostete, ist man heute weit entfernt. Eine kleine bis mittlere sechsstellige Summe muss man da schon mal für eine Neuauflage in Personal, Energie, Deko und Organisation investieren. Nicht inbegriffen sind da die 2500 Bücher, die von den Verlagen kostenlos gen Oldenburg entsandt werden.
Pimmel und ProtesteSkandälchen I
Dann war da aber auch der überraschende Protest - heute würde man wohl “Flashmob” sagen - eines guten Dutzends Atomgegnern, das 1982 ganz in Weiß gewandet und teils mit Gasmasken ausgerüstet die Preisverleihung stürmte und “zu einem Lied anhob über die Vorkehrungen bei Reaktorunfällen”. Kann man so machen, war in diesem Jahr aber besonders nachwirkend, weil die Jury das thematisch gebundene Buch “Bei Hamburg leichter Niederschlag” von Heinz Knappes ausgezeichnet hatte. Aus Protest gegen den Protest während der Feierstunde verließen einige Ratsmitglieder die Veranstaltung.
Alt und ungeeignetSkandälchen II
Gegensätzliche “Ansichten darüber, wie ein Kinderbuch aussehen sollte”, waren der Grund, weshalb Ute Blaich schon im Jahr 1978 aus der Jury zum Kinder- und Jugendbuchpreis zurücktrat. Ein Paukenschlag. Sie hatte - im Gegensatz zum Rest der Jury - das von Wolfgang Fischbach illustrierte Bilderbuch “Vorgestern hat unser Hahn gewalzert” als für Kinder ungeeignet befunden. Ausgezeichnet wurde es trotzdem. Ohne Blaich.
Vom Juror zum PreisträgerSkandälchen III
Und dann war da noch dieses Gerücht, dessen Wahrheitsgehalt sich erst späterhin offenbarte: Im Jahr 2003 erhielt der bis dato unbekannte Potsdamer Jürgen Schott für sein Bilderbuch “Jo im roten Kleid” den Oldenburger Kinderbuchpreis. Dumm nur: Es handelte sich dabei um ein Pseudonym des Oldenburger Literaturexperten und Kunstprofessors Jens Thiele. Der wiederum gehörte selbst jahrelang der Jury an, hatte auch viele Sonderausstellungen begleitet. Da es sich nichtsdestotrotz um ein Erstlingswerk in diesem Segment handelte, wurde die Vergabe nicht revidiert. Thiele ging dann aber doch unter seinem richtigen Namen in die Preisträger-Historie ein. Die Veranstalter zogen dennoch ihre Konsequenzen daraus, wie die NWZ berichtete.
Das Ende des ViehsDer größte Skandal
Das Tier mit dem pferdeähnlichen Kopf und Schafbeinen, dazu einem geblümten Schweif, wurde 1975 geboren. Mit ihm warb die Stadt auf Plakaten und in Prospekten um Aufmerksamkeit - und das gelang ihr hervorragend.
Die Oldenburger Grafikerin Karin Ritzel hatte das Fabelwesen erfunden. Mit seinem 25. Geburtstag, zum Jubiläum der Kibum 1999, verschwand es von den Plakaten. Aus den Köpfen der jungen Fans aber sicher bis heute nicht.
Plakative Kibum
Zahlreiche wunderschöne und mit ganz viel Herz entstandene Veranstaltungsplakate hat die Kinder- und Jugendbuchmesse in den vergangenen Jahren hervorgebracht.
Eine wirklich nur klitzekleine Auswahl finden Sie auf dieser Seite.
Kibum trifft Polen 2017Das ist die nahe Zukunft
Wir haben auf den folgenden Seiten die besondersten und einige, aber längst nicht alle lohnenswerten Momente der elftägigen Messe herausgestellt.
Interview mit Regina PetersKibum - kurz erklärt (3)
Nicht „hurra!“, wohl aber „brawo!“ … Polnische Kinderbuchverlage wie Autoren und Illustratoren sind ausgesprochen begeistert, dass die polnische Kinderliteratur mit der Kibum eine solche Plattform erhält. Für die Kibum werden ja erstmals viele wichtige Werke in die deutsche Sprache übersetzt. Das erhöht für polnische Verlage, Autoren, Illustratoren deren Chancen auf dem deutschen Buchmarkt, der in Polen sehr geschätzt wird, enorm.
Sind Kinderbuchautoren die besseren Menschen?
Ich erlebe Kinderbuchautoren und -autorinnen und überhaupt Akteure der Kinderbuchszene oft als besonders sensible und sensitive Menschen, die sich Gedanken machen um ihre Klientel – die Kinder. Viele haben in ihrer eigenen Kindheit die Erfahrung gemacht, dass das Lesen und Bücher ihnen Welten erschlossen haben. Sie wissen um die potentielle Wirkungsmächtigkeit von Kinder- und Jugendbüchern.
Große KonkurrenzLesung der Kandidaten
Der Preis ist mit einer Ehrengabe von 8000 Euro verbunden. Er wird an Autoren und Illustratoren verliehen, die erstmals mit einem eingeständigen Werk auf dem Gebiet der Kinder- und Jugendliteratur an die Öffentlichkeit treten.
Mit dem Preis möchte die Stadt Oldenburg einen Beitrag zur Förderung von innovativen und kreativen Ideen (noch) Unbekannter leisten, heißt es.
Die potenziellen SiegerLeseproben
Außerdem gibt es Informationen zu den Autorinnen und Autoren mit dazu.
Ulrich Fasshauer"Das U-Boot auf dem Berg"
Auszüge aus seinem Wettbewerbsbeitrag:
* "Es gibt keine Probleme", hustete ich, "es gibt nur Herausforderungen." Den Spruch hatte ich von meinem Vater. Er mag das Wort "Problem" nicht. Durch Herausforderungen wächst man, sagt er. Er liebt Herausforderungen über alles.
* "Geh in dich!", befiehlt mein Vater. "Los! Wünsch dir was! Streng dich an!" "Nein", beschwichtigt meine Mutter, "mach dich locker. Horch in dein Herz." Ich schaue hin und her wie beim Tischtennis. Manchmal glaube ich, ich habe ein Elternteil zu viel. Während ich versuche, in mich zu gehen, kommen schon die Vorschläge. Einen Fußball. Ein neues Fahrrad mit mehr Gängen für den Soliner Berg. Einen Reitkurs mit Mieke. So weit kommt's noch! "Ich spiele nicht Fußball und ihr habt mir trotzdem schon zwei Fußbälle geschenkt", unterbreche ich das Sperrfeuer, "außerdem einen Volleyball und einen Basketball, mein Fahrrad hat einundzwanzig Gänge, und Reiten ist was für Mädchen." Meine Eltern schauen enttäuscht.
* Wenn ich groß bin, will ich Meeresbiologie studieren. Wenn ich dann Glück habe und ganz viel Geld bekomme, kann ich mir vielleicht ein U-Boot kaufen und damit den Marianengraben erforschen. Der liegt auf der anderen Seite der Erde im Pazifik und ist elftausend Meter tief.
* Im Garten steht ein U-Boot. Ich mache zwei Schritte darauf zu und bleibe wieder stehen. Dann noch zwei Schritte. Mein Herz klopft bis zum Hals. Das hier könnte der Beweis sein, dass ich in die Irrenanstalt gehöre. Ich drücke die Augen so fest zu, bis ich bunte Kreise sehe, und öffne sie wieder. Das U-Boot ist immer noch da. (...) Es ist etwa vier Meter lang, orange lackiert, hat eine gläserne Nase und auf dem Rücken zwei runde, gläserne Kuppeln. Hinten befindet sich die Schiffsschraube. Alles dran, was ein U-Boot braucht. Das Ganze ruht auf einem schlittenartigen Metallgestell und steht dort, als sei es der normalste Gegenstand der Welt. Als hätte jeder ein U-Boot im Garten. Plötzlich ploppt Onkel Christoph mit seiner E-Gitarre aus einer der Kuppeln hervor und spielt bei voll aufgedrehtem Verstärker "Happy Birthday".
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"Das U-Boot auf dem Berg"
Ulrich Fasshauer
ISBN 978-3-86429-367-2
13,00 Euro
Julya Rabinowich "Dazwischen: Ich"
Auszüge aus ihrem Wettbewerbsbeitrag:
* Wo ich herkomme? Das ist egal. Es könnte überall sein. Es gibt viele Menschen, die in vielen Ländern das erleben, was ich erlebt habe. Ich komme von Überall. Ich komme von Nirgendwo. Hinter den sieben Bergen. Und noch viel weiter. Dort, wo Ali Babas Räuber nicht hätten leben wollen. Jetzt nicht mehr. Zu gefährlich.
* Ich will jetzt nicht total miese Laune haben. Herr Bast, unser Biolehrer, hat mal in einem philosophischen Anfall ein Glas mit Wasser auf das Lehrerpult gestellt. "Halb voll oder halb leer?", hat er gefragt. Das komme nur drauf an, wie man es betrachte. Kurz vor der Pause hat er es leider umgeworfen, weil er immer, wenn er in Fahrt ist, mit seinen Armen ausholt wie eine Windmühle. Ich sehe es so: Das Glas ist immer halb voll, auch wenn es in Wirklichkeit fast leer ist. Ich versuche es. Eigentlich ist noch gar nichts wirklich gelöst bei uns. Wir sind noch nicht wirklich hier, aber ich arbeite daran. Stimmt, den Bescheid haben wir nicht. Aber ich kann mich ja trotzdem anstrengen!
* Meine Tante ist groß und schlank, allerdings mittlerweile drahtig und mager, weil sie fast nichts isst, seit wir hier sind. Aber nicht um abzunehmen, das hat sie echt nicht nötig. Das passt auch nicht zu ihr, sie war früher sogar richtig schön. Niemals wäre sie aus dem Haus gegangen ohne schwarzen Lidstrich und ohne ihre geschwungenen Brauen nachzuziehen. Jetzt schminkt sie sich nicht mehr. Ihre Wangen sind eingefallen, dunkle Schatten um die Augen, Falten um den Mund. Ich bin mehr nach Papa geraten, der wie Großvater ist, und meine Mama ist mehr wie ihre Mutter.
* Ich will zu meiner Oma. Die weiß immer, was in solchen Momenten zu tun ist. Sie nimmt mich dann in den Arm. Sie duftet nach Gewürzen, auch ein bisschen muffig nach Schweiß. Aber ich mag den Geruch, so riechen Omas nun mal. So viel Arbeit, so viel Kochen hinterlassen eben Spuren. Das ist okay. Wenn ich mal alt bin und meine Enkelkinder in den Arm nehme, werde ich wohl auch nicht nach Rosen duften. Ihre Haut ist runzlig und weich, wie Katzenbäuche alter Katzen weich sind. Braun gebrannt im Gesicht und auf den Händen, weiß wie Milch überall dort, wo ihre Kleider drüber sind.
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Dazwischen: Ich
Julya Rabinowich
ISBN 978-3-446-25306-3
15,00 Euro
Anne Becker"Klickediklack"
Auszug aus ihrem Wettbewerbsbeitrag:
* Zwei Dinge sind mir klar nach dieser ganzen Geschichte. Erstens: Abdullah ist mein bester Freund. Zweitens: Diesen dürren, durchgeknallten Typ hätte ich mir niemals als Freund ausgesucht. Aber vielleicht ist das wie mit deinem verschwundenen Handy. Das findest du auch immer genau da, wo du gar nicht gesucht hast: auf dem Klo, in der Tasche mit deinem Sportzeug oder unter dem Stapel Comics neben deinem Bett.
* Es war schon richtig warm draußen. Fast wie Sommer. Unter der Eisenbahnbrücke lagen jede Menge Bierdosen und leere Sprühflaschen. Ein riesengroßes, neues Graffiti war an dem Betonpfeiler: ein dunkelroter Hai mit gelben Augen. Er grinste, und man sah drei Reihen Zähne. Unten hatte er ein Piercing in der Haifischlippe, einen Ring mit einem blitzenden, fetten Diamanten. Ein ICE rauschte unter der Brücke durch, der Fahrtwind ließ die Dosen über den Bürgersteig kullern. Bier lief aus und fing sofort an zu stinken. Schnell lief ich die Treppe zur Brücke rauf.
* Abdullah setzte sich auf den einzigen freien Platz im Klassenzimmer. Am Fenster. Direkt neben mir. Der Platz gehörte eigentlich Leon. Wir haben immer nebeneinander gesessen. Über fünf Jahre lang. Aber vor ein paar Monaten ist er plötzlich weggezogen. Niemand wusste, dass er geht. Leons Mutter hatte ihn noch nicht mal von der Schule abgemeldet. In den ersten Wochen habe ich Leon bestimmt hundert Nachrichten geschickt. Aber er hat nie geantwortet. "Viel Spaß mit Psycho-Chris", sagte Marco jetzt zu Abdullah. Der ließ sich auf den Stuhl fallen und schmiss seinen Rucksack unter den Tisch.
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Klickediklack
Anne Becker
Manuskript eines ca. 115 Seiten langen Jugendromans
Ein RückblickBisherige Preisträger
1977
Leonie Ossowski, Die große Flatter. Weinheim: Beltz und Gelberg, 1977
Dietlof Reiche, Der Bleisiegelfälscher. Modautal-Neunkirchen: Anrich, 1977
Hanni Schaaf, Plötzlich war es geschehen. Wien, München: Jugend und Volk, 1977
1978
Franz Hohler, Tschipo. Neuwied und Darmstadt: Luchterhand, 1978
Dagmar Kekulè, Ich bin eine Wolke. Reinbek: Rowohlt, 1978
Wolfgang Fischbach, Vorgestern hat unser Hahn gewalzert. Eine Geschichte von Bernd Jentzsch. Köln: Middelhauve, 1978
1979
Sabine Friedrichson (Hrsg.), Fundevogel und andere Lieblingsmärchen. Weinheim: Beltz und Gelberg, 1979
Monika Pelz, Anna im anderen Land. Wien und München: Jungbrunnen Verlag, 1979
1980
Mirjam Pressler (FOTO), Bitterschokolade. Weinheim: Beltz und Gelberg, 1980
1981
Anatol Feid, Dein Vater ist ein Verräter. Mainz: Matthias-Grünewald Verlag, 1991
Einar Schleef, Arthur. Eingereicht als Manuskript, signierte Einzelexemplare wurden veröffentlicht, gelangten aber nicht in den Buchhandel
1982
Nikolaus Heidelbach, Das Elefantentreffen. Weinheim: Beltz und Gelberg, 1982
Heinz Knappe, Bei Hamburg leichter Niederschlag. Baden-Baden: Signal Verlag, 1982
1983
Michael Brenner, Am Beispiel Weiden: jüdischer Alltag im Nationalsozialismus. Würzburg: Arena, 1983
Gudrun Maecker, Anna und der Tatzelwurm. Illustration: Helme Heine. Modautal-Neunkirchen: Anrich, 1983
1984
Martin Hülsmann, Drüben bei uns: eine Begegnung mit der DDR. Würzburg: Arena, 1984
Karin Schanne, Anschläge: der rasende Reporter Egon Erwin Kisch. Stuttgart: Klett, 1983
1985
Carl Gredé, Wie oft hat man mich umgebracht: die 113 Zettel des Daniel C. Wien, München: Verlag Jungbrunnen, 1985
Hanna Lehnert, Wie ein rostiger Nagel im Brett – oder: Die zweite Flucht. Eingereicht als Manuskript, erschienen Kevelaer: Anrich, 1986
1986
Jochen Sommer, Rosas Gold und die Schatzgräber. Kevelaer: Anrich, 1986
Heike Ellermann, Ein Brief in der Kapuzinerkresse. Eingereicht als Manuskript, erschienen Weinheim: Beltz und Gelberg, 1987
1987
Regula Venske, Ach Fanny! Vom jüdischen Mädchen zur preußischen Romanschriftstellerin. Als Manuskript eingereicht, erschienen Berlin: Elefanten-Press, 1988
Gert Loschütz, Das Pfennig-Mal. Die Geschichte von Tom Courteys Ehre und Benjamin Walz' Schande. Darmstadt und Neuwied: Luchterhand, 1986
1988
Der Preis wird nicht ausgeschrieben, weil ein zweijähriger Vergabeturnus festgelegt wurde
1989
Karin Grütter und Annemarie Ryter, Stärker als ihr denkt. Ein Kapitel verschwiegener Geschichte. Solothurn: Aare, 1988
1990
Der Preis wird entsprechend des Vergabeturnus nicht ausgeschrieben.
1991
Henning Pawel, Joschkas Hund. Berlin: Der Kinderbuch-Verlag, 1991
Bernd Mölck, Enrico und der Leopardenflieger. Hamburg: Oetinger, 1990
1992
Ulrike Boljahn, Das Familienalbum. Text: Sylvia Deinert und Tine Krieg. Oldenburg: Lappan, 1993
1993
Josef Holub, Der rote Nepomuk. Weinheim: Beltz und Gelberg, 1993
1994
Der Preis wird nicht vergeben, weil sich die Jury nicht auf einen Preisträger festlegen möchte
1995
Juliane Plöger, Koch Eduard träumt. Text: Anja Goller und Thomas Brinx. Esslingen: Esslinger-Verlag F. J. Schreiber, 1995
1996
Wiebke Oeser, Bertas Boote. Eine Geschichte mit drei Enden in Bildern und Worten. Wuppertal: Peter Hammer Verlag, 1997
1997
Helene Kynast, Alles Bolero. Ravensburg: Ravensburger Buchverlag, 1997
Sigurd Pruetz, Cornelius oder Weil man dann etwas anderes findet. Eingereicht als Manuskript, erschienen Weinheim: Beltz und Gelberg, 1998
1998
Der Preis wird nicht vergeben, weil sich die Jury nicht auf einen Preisträger festlegen möchte
1999
Zoran Drvenkar, Niemand so stark wie wir. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag, 1998
2000
Nadia Budde, Eins zwei drei Tier. Wuppertal: Peter Hammer Verlag, 1999
2001
Burkhard Spinnen, Belgische Riesen. Frankfurt am Main: Schöffling, 2000
2002
Tamara Bach, Marsmädchen. Hamburg: Oetinger, 2003
2003
Mirijam Günter, Heim. Eingereicht als Manuskript, erschienen Deutscher Taschenbuchverlag, 2009
Jens Thiele, Jo im roten Kleid. Eingereicht als Manuskript,
erschienen Wuppertal: Peter Hammer Verlag, 2004
2004
Manuela Olten, Echte Kerle. Zürich: Bajazzo, 2004
2005
Sofie Koffa, Störung der Totenruhe. Eingereicht als Manuskript, erschienen Karlsruhe: GolubBooks, 2014
2006
Der Preis wird nicht vergeben, weil die Jury keine Einsendung für preiswürdig erachtet
2007
Beate Teresa Hanika, Malvina in der Seifenblase. Eingereicht als Manuskript, erschienen Frankfurt am Main: Fischer, 2009
2008
Gabi Kreslehner, Ringlotten am Erdbeerbaum. Eingereicht als Manuskript, erschienen Weinheim: Beltz und Gelberg, 2008
2009
Veronika Rotfuß, Mücke im März. Hamburg: Carlsen, 2008
Kirsten Reinhardt, Fennymores Reise oder warum Stinkesocken manchmal auch nützlich sein können. Eingereicht als Manuskript, erschienen Hamburg: Carlsen, 2011
2010
Der Preis kann aufgrund der späten Haushaltsgenehmigung nicht ausgeschrieben werden
2011
Nils Mohl, Es war einmal Indianerland. Hamburg: Rowohlt, 2011
2012
Rolf Lappert, Pampa Blues. München: Hanser, 2012
2013
Sabine Raml, Heldentage (do what you love). Eingereicht als Manuskript, erschienen München: Heyne 2015
2014
Lara Schützsack, Und auch so bitterkalt. Frankfurt am Main: Fischer KJB, 2014
2015
Florian Wacker, Dahlenberger. Berlin: Verlagshaus Jacoby & Stuart, 2015
2016
Der Preis wird nicht vergeben, weil die Jury keine Einsendung für preiswürdig erachtet
2017
???
Wisent-GeschichtenDas Buch zur Messe
In der Regie der Stadtbibliothek sind für die Auflage 2017 die „Wisent-Geschichten“ entstanden - sie werden an alle Grundschulklassen ausgegeben, die die Kibum besuchen. Der polnische Illustrator Piotr Socha und die Wallschul-Kinder der Klasse 3a haben dafür gemalt und geschrieben.
Hier ist nicht nur die Geschichte des kleinen Wisents Spicek zu finden, sondern auch jede Menge Wissenswertes über diese Tiere. Dazu gibt es eine Fotostory, Bilder und Texte zu und über Polen wie auch viele Infos mehr. Der Oldenburger Künstler Andrey Gradetchliev hat das Buch gestaltet.
Übrigens: Am Sonntag, 5. November, werden die Kinder ab 12 Uhr live von ihrem neuen Wissen berichten, Piotr Socha in der Stadtbibliothek dazu zeichnen!
4. November, 15 Uhr, Großer SaalDie offizielle Eröffnung
Na, dann mal rein ins Vergnügen!
Der Altmeister der ZufriedenheitJanoschs Bilderbuchkunst
Tigerente, Panama und all die wunderbaren Ein-Satz-Geschichten bleiben zweifellos in Gedächtnis und Gemüt, wirken nach und bestimmen den ganz persönlichen Zufriedenheitsgrad auf besonders sanfte Art und Weise.
Janosch - mit bürgerlichem Namen Horst Eckert - ist 1931 geboren, hat also zahlreiche Generationen bereits erreicht und geprägt. Jetzt drückt er der Kibum 2017 zumindest ein klitzekleines bisschen seinen Stempel auf - unter anderem mit der Ausstellung "Oh, wie schön ist ... Bilderbuchkunst von Janosch". Schön!
Der Schirmherr sprichtGrüße, Küsse, Honigblumen!
Dann wurde Oldenburg meine Heimat, ich bin jetzt für immer ein Norddeutscher. Außer dass ich behaupte, auch ein Weltbürger zu sein, nebenbei. Ich habe in Oldenburg in einer Spinnerei gearbeitet.
Als Maschinenputzer. Warpsspinnerei. Stedinger Straße 109. Anfahrt von Kayhauserfeld mit einem Personenzug.
Jetzt redet man also in Oldenburg über mich, und von Kindern werden dort Bilder für mich gemalt, wow!!"
Interview mit Regina PetersKibum - kurz erklärt (4)
Janosch lebt sehr zurückgezogen in den Bergen von Teneriffa und scheut generell die Öffentlichkeit. Der Kontakt lief über sein Management. Als einer der weltweit bekanntesten Kinderbuchautoren und -illustratoren ist Janosch bekennender Pole, aber eben auch durch seine Biographie ein Grenzgänger – oder wie er sagen würde: „Grenzmensch“ – zwischen Deutschland und Polen.
Wunderbar ist natürlich auch, dass Janosch so positive und lebendige Erinnerungen an Oldenburg und Norddeutschland hat. So bezeichnet er Oldenburg als seine „zweite Heimat“. Übrigens ist für Janosch die Kibum – O-Ton – „ein Begriff“. Das alles macht Janosch zum idealen Schirmherrn. Leider, leider lassen sein Alter (86) und seine Gesundheit einen Besuch zur Kibum im November nicht zu.
Janoschs KunstAlles Originale
Lieblinge wie die Tigerente und der Kleine Bär, aber auch Werke aus dem frühen Schaffen bis hin zu Kuriositäten sind im Original zu besichtigen.
Alles in Zusammenarbeit mit Beltz&Gelberg, Little Tiger, der Janosch Film & Medien AG, Art 28 und dem Bilderbuchmuseum der Stadt Troisdorf.
6. bis 8. November, BIS-SaalLiteratur als Ziel
Vom 6. bis zum 8. November wird also im BIS-Saal der Carl-von-Ossietzky-Universität (Campus Haarentor, Gebäude A14, Raum 1-111) diskutiert. Welche Texte bergen besondere Lernpotenziale? Welche Herausforderungen gibt's bei der Vermittlung?
Der Eintritt zur Veranstaltung der Forschungsstelle Kinder- und Jugendliteratur ist kostenfrei.
Interview mit Prof. Dr. Jörn BrüggemannÜber Sprache sprechen
Spitz formuliert: Sind Kinder und Jugendliche überhaupt noch in der Lage, längere Stücke und damit ganze Reizwelten zu ertragen, sich also nicht allein auf kurze Informationen einzulassen?
Brüggemann: Es gibt keinen Grund, kulturkritische Klagegesänge anzustimmen. Der Anteil der Jugendlichen, der außerhalb der Schule freiwillig Bücher liest, liegt seit Jahren konstant bei ca. 40 Prozent. Wir wissen aber aus vielen Studien, dass Kinder und Jugendliche, die mit einem wenig reglementierten Fernseh- beziehungsweise Medien-Konsum aufwachsen und in ihrem Umfeld nicht auf Personen treffen, die ihnen eine literaturaffine Einstellung vorleben, freiwillig nicht zur Literatur greifen würden und – was noch schlimmer ist – Nachteile bei der Entwicklung schriftsprachlicher Lese- und Verstehensfähigkeiten haben, ohne die gesellschaftliche Teilhabe schwer möglich ist. Mit unserem Symposium wollen wir Perspektiven aufzeigen, vor welchen Herausforderungen wir dabei stehen und welche Potenziale aktuelle Kinder- und Jugendliteratur birgt, um diese zu bewältigen.
Warum sollten sich auch Eltern, Integrations- und Inklusionsbeauftragte für Ihr doch eher fachlich orientiertes Symposium interessieren?
Brüggemann: Fachfremdheit heißt weder, dass man sich für das Thema nicht interessieren kann, noch heißt es, dass die Beiträge fachfremdem Publikum nicht zugänglich seien. Das Thema ist aktuell von besonderer gesellschaftlicher und schulischer Relevanz, denn es betrifft den Erwerb von sprachlichem und kulturellem Wissen in Zeiten großer Veränderungen. Kinder- und Jugendliteratur kann helfen, Zugänge zu Sprache und Kultur(en) zu entwickeln – gleichzeitig gilt sie manchen als schwer zugänglich. Das ist zwar kein neues Phänomen, aber eines, das in einem veränderten medialen und gesellschaftlichen Umfeld neue Perspektiven erfordert – auch mit Blick auf die sprachlichen Herausforderungen, die Kinder- und Jugendliteratur nicht nur für Menschen mit einem sogenannten Migrationshintergrund bereithält.
Wie hat sich denn das Leseverhalten von Kindern und Jugendlichen verändert?
Brüggemann: Kinder- und Jugendliteratur erscheint heute häufig in Medienverbünden und umfasst damit eine große Spannbreite von medialen Darstellungsformen mit extrem unterschiedlichen Komplexitätsgraden und Zugangsmöglichkeiten, etwa wenn ein Roman nicht mehr nur als Buch, sondern begleitet von Hörbuch, Film, Serie, App etc. veröffentlicht wird. Das verändert den Umgang mit Literatur. Wenn Kinder- und Jugendliche bereits vor und außerhalb der Schule Erfahrungen mit Medienverbünden machen, dann verfügen sie bereits implizit über Erfahrungen mit Fiktionalem, mit Narrationen, medialer und ästhetischer Urteilsbildung etc., an denen man in der Schule anknüpfen kann. Wie das gelingen kann, ist ein Aspekt unseres Symposiums.
Die Universität trägt durchaus Mitverantwortung an Konzept – und Erfolg – der Kibum. Welchen Wert misst die Forschungsstelle der Zusammenarbeit tatsächlich bei?
Brüggemann: Die jährlichen Themenstellungen der Kibum veranlassen Wissenschaftler ganz unterschiedlicher Disziplinen, ihren Blick immer wieder neu auf den Gegenstand Kinder- und Jugendliteratur zu richten. Sie sind für uns ein Anlass, Kooperationen mit Kollegen fachfremder Disziplinen einzugehen, um kulturelle, mediale und künstlerische Entwicklungen transdisziplinär in den Blick zu nehmen. Daraus ergeben sich wichtige Impulse für die Forschung, die neue Fragestellungen ermöglichen. Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Forschungen aus dem Bereich Deutsch als Fremd- und Zweitsprache haben gezeigt, dass der Erwerb von sogenannten Fach- und Bildungssprachen für den fachlichen Lernerfolg von Heranwachsenden mit und ohne Migrationshintergrund eine Hürde darstellt, an der sie ohne systematische Unterstützung scheitern. Wir zeigen in unserem Symposium, dass diese Erkenntnis auch ästhetische Bildungsprozesse betrifft und entwickeln Vorschläge für einen sprachsensiblen Umgang mit Kinder- und Jugendliteratur.
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Sprache als Herausforderung – Literatur als Ziel:
Das Symposium der Forschungsstelle über „sprachsensible Zugänge zu Kinder- und Jugendliteratur“ beginnt am 6. November um 14.30 Uhr im BIS-Saal der Uni. Anmeldung möglich unter der Internetadresse www.ofz.de. Die Teilnahme ist kostenlos.
Interview mit Regina PetersKibum - kurz erklärt (5)
Großen Bedarf an Leseförderung gibt es immer, das ist ja unsere Motivation. Wir haben mit der Kibum sehr viel erreicht und schöpfen unsere Möglichkeiten maximal aus.
In der Hauptsache ist die Kibum in allen Belangen „wohlfühlig“, das Symposium der Uni aber gewollt kopflastig. Warum gibt es diese Verknüpfung?
Die wissenschaftlichen Begleitausstellungen oder Symposien mit wissenschaftlichem Fokus für interessierte Erwachsene ergänzen das Kibum-Veranstaltungsangebot für Kinder, Jugendliche, Familien ganz idealtypisch.
5. bis 26. November, 10 bis 18 Uhr, PFLAlles auf einer Karte
Mehr als drei Jahre hat das Illustratorenduo an diesem Werk gearbeitet, mehr als 4000 Vignetten gezeichnet, zwei eigene Schriftarten entwickelt und sich intensiv mit 51 Ländern und den Kontinenten beschäftigt.
4. bis 9. November, nachmittags, PFLRouwens Reisen
5. bis 13. November, PFL DachgeschossHerta und Jadwiga
Zu zahlreichen Terminen zwischen dem 5. und 13. November gibt's Gedichte und Geschichten mit den Titeln "In Polen quaken Frösche anders", "Die Lokomotive" oder "Der Waweldrache".
4. November, 16.15 Uhr, StadtbibliothekZahlen-Hündchen
Das Buch war für den polnischen Kinderbuchpreis 2015 nominiert. Weshalb? Nun, das werden Kinder ab 4 Jahren garantiert schnell verstehen. Ein Bilderbuchkino gibt es obendrauf!
Und wer dann nicht mehr genug von der Autorin bekommen kann: Sie wird zu anderen Terminen auch noch aus "Ich. Bobik" und "Waschbären" lesen.
5. bis 14. November, ArtothekJanosch fürs Ohr
Die Berliner Schauspielerin lässt den bei Beltz&Gelberg erschienenen Klassiker "Post für den Tiger" auf unterhaltsame Weise lebendig werden. Doch auch die "Riesenparty für den Tiger" und "Die Bremer Stadtmusikanten" wird gespielt und erzählt.
8. und 9. November, Flötenteich und OfenerdiekFigurentheater Marmelock
"Ein rattenscharfes Abenteuer über Freundschaft", heißt es im Programm - vor allem für Kinder ab vier Jahren. Karten gibt es im Vorverkauf in den Stadtteilbibliotheken Ofenerdiek und Flötenteich.
Interview mit Regina PetersKibum - kurz erklärt (6)
Hinter allem! Besonders empfehlenswert ist natürlich die Janosch-Ausstellung, die auch über die Kibum hinaus bis zum 26. November täglich von 10 bis 18 Uhr zu sehen sein wird. Janosch-Illustrationen im Original zu betrachten ist wie ein Farbenrausch. Zudem zeigt die Kibum – ebenfalls in der Peterstraße 1 – ganz viel spektakuläre polnische Illustrationskunst im Foyer der Kinderbibliothek.
Überhaupt werden wir viele der besten polnischen Kinderbuchautoren und -illustratoren begrüßen dürfen. Darunter „Legenden“ wie der große Jozef Wilkon, aber auch innovative junge Illustratoren wie Piotr Karski. Wir zählen auf die Aufgeschlossenheit des Kibum-Publikums, sich auf die spannenden zweisprachigen Lesungen einzulassen und Neues zu entdecken. Für kompetente Übersetzungen ist gesorgt. Noch gibt es freie Plätze für Schulklassen in einigen Veranstaltungen. Gerne schnell noch dafür anmelden!
9. November, 15.30 UhrFranziska Werner liest
Papa Bär und Kleiner Bär beschließen, ihre Nachbarn im Wald zu umarmen - Biber, Wolf, Anakonda, Hirsch und viele andere. Bis sie vergessen, dass sie doch glatt jemanden vergessen haben...
Herzallerliebst! Und vielleicht ja auch die weiteren Lesungen von Franziska Werner - so "Ein Lächeln für Fröschlein" (Freitag, 10. November, 15 Uhr, Forum St. Peter) oder auch "Lolek und Bolek am Orinoko" (Mittwoch, 8. November, 9 Uhr und 11 Uhr, Wilhelm 13 und Freitag, 10. November, 16 Uhr, Forum St. Peter).
Samstag, 4. November, 17.15 Uhr, BibliothekPawel Pawlak liest
Sein Bilderbuch ist philosophisch und zutiefst dem Leben zugewandt, berührend und positiv zugleich, heißt es!
Und über "Der Sinnlos-Ratgeber: Der Handschuh" gibt es nicht viel weniger zu sagen, schließlich ist dieses Büchlein im Jahr 2009 mit dem Preis für das "Schönste Buch des Jahres IBBY" ausgezeichnet worden. Pawel Pawlak wird auch daraus an mehreren Tagen lesen.
Und nicht zuletzt: Auch "Die Katze, die mit dem Schwanz wedelte", wird von ihm zu Gehör und in den Blick gebracht!
Lesung, Bilderbuchkino und Live-ZeichnenPiotr Socha liest
Die Termine:
* Sonntag, 5. November (15 Uhr), Stadtbibliothek
* Montag, 6. November (9 Uhr) sowie
Dienstag, 7. November (9 und 11 Uhr), Casablanca
* Dienstag, 7. November (16 Uhr), Forum St. Peter
Außerdem liest er am Montag, 6. November, um 11 Uhr im Casablanca aus "Wie ein Schuster den Drachen besiegte".
Exkurs: Piotr SochaNoch ein Preis!
Socha betätigte sich nach seinem Studium an der Akademie der Bildenden Künste in Warschau als Illustrator für diverse bekannte polnische Zeitungen und Zeitschriften. Außerdem arbeitete er für polnische Fernsehsender, illustrierte zahlreiche Bücher und ist heute einer der beliebtesten Cartoonisten Polens. Er wurde 1966 geboren und wuchs als Sohn eines Imkers mit Bienen auf.
Offenbar hatte Programmchefin Regina Peters da das richtige Näschen...
René Schack liestPantomime mit Worten
Für weitere Lesungen hat er sich schon mal "Leopanther" (eine der schönsten Liebesgeschichten von Piotr und Jozef Wilkon) und "Wölfchen" zur Seite gelegt.
Bilderbuchkino mit Piotr KarskiÜber alle Berge
Ein spannendes Bilderbuchkino hat er auch mit dem Werk "Pioniere" im Gepäck! Dafür dürften sich Kinder ab 8 Jahren interessieren - am Samstag, 11. November (15 Uhr, Stadtbibliothek), sowie am Montag, 13. November, um 11 Uhr und Dienstag, 14. November, 9 Uhr (jeweils im Casablanca).
Interview mit Regina PetersKibum - kurz erklärt (7)
Die Kibum „reist“ bereits seit Jahrzehnten ganz munter – sie „wandert“ im Anschluss nach Lörrach, Ulm und Verden. Spannende Pläne einer Kibum in Istanbul waren äußerst konkret, mussten aber leider aus politischen Gründen kurz vor ihrer Realisierung abgebrochen werden.
Würde die Kibum auch in einer anderen Stadt als Oldenburg funktionieren?
Die Kibum erreicht Kleine und Große in der gesamten Nordwest-Region, wird geschätzt bis geliebt und ist dabei fest in Oldenburg verankert. Was wollen wir mehr?
WorkshopWas ist hinterm Horizont?
Gedacht ist dieser Workshop für 5. und 6. Schulklassen. Termine sind täglich vom 6. bis zum 14. November (bis aufs Wochenende 11./12.!), jeweils von 9.30 bis 11 Uhr ebenda.
9. November, 9 und 11 Uhr, SynagogeFlügel aus Papier
Die Lesung findet am Donnerstag, 9. November, um 9 und 11 Uhr in der Synagoge statt.
Im Casablanca (Mittwoch, 8. November, 9 und 11 Uhr) sowie im Wilhelm 13 (Freitag, 10. November, 9 und 11 Uhr) wird er dann auch noch einmal aus seinem Werk "Hinter der blauen Tür" erzählen.
3. November, 10.15 UhrKinderbuch-Klassiker
Referentin Sigrid Tinz wird mit den Teilnehmern einen neuen Blick auf alte Schätze werfen und auch fragen, was einen Klassiker überhaupt erst zu einem Klassiker macht.
Anmeldungen über die Beratungsstelle für Öffentliche Bibliotheken Weser Ems unter Tel. (04941) 9737930.
36. Kinderfilmfestival im CasablancaBewegte Geschichten
Gestartet wird mit dem Film "Die Reise der Pinguine 2" von Luc Jacquet. Weitere Programmpunkte in diesen Tagen sind "Hexe Lilli rettet Weihnachten", "Maleika", "Storm und der verbotene Brief", "Amelie rennt", "Karakum - ein Abenteuer in der Wüste", "Lauf, Junge, Lauf" und "Kleine Tricks".
Die Anspielzeiten werden erst kurzfristig in der NWZ oder auch über die Internetseite www.casablanca-kino.de bekannt gegeben.
Interview mit Regina PetersKibum - kurz erklärt (8)
Nach der Kibum ist vor der Kibum… Um einem Gastland oder Thema gerecht zu werden, lese ich sehr viel Primär-, aber auch Sekundärliteratur, führe viele Gespräche mit Autoren, Illustratoren, Verlagen, Experten. Parallel erstelle ich Konzepte, entwickle Projektideen und Ausstellungen und lade schließlich besonders interessante Autoren und Illustratoren ein. Da die Kibum ja nicht-kommerziell ist, macht die Aquise von Fördermitteln einen ganz wichtigen Part meiner Arbeit aus. Nur dank unserer engagierten Förderer kann die Kibum eben auch in dieser Qualität und Quantität stattfinden.
Wie viel Kibum steckt denn nun in Ihnen? Oder besser gefragt: Wie viel von Ihnen steckt in der Kibum?
Viel. Sowohl als auch!
Wie fällt denn der Dank dafür aus?
Tatsächlich erntet das „Kibum-Team“ immer großes Lob von Seiten der eingeladenen Gäste, aber auch von Besuchern. Viele der auch international erfahrenen Autoren merken jährlich an, eine solch hervorragende Organisation und Betreuung hätten sie noch nie erlebt bei ihren Lesereisen rund um die Welt. Das freut uns natürlich und macht uns stolz, gerade nach der Anstrengung. Und es „befeuert“ uns!
Die schönste Belohnung bleibt aber hautnah zu erleben, wenn sich Kinder und Jugendliche wirklich fesseln lassen durch Literatur – sei es beim Schmökern auf der Messe oder in Lesungen im Kontakt mit den Autoren und Illustratoren. Und es ist wunderbar zu bemerken, wenn Kinder über sich hinauswachsen in den Kibum-Vorab-Projekten. Dann ist es der gefühlt weltweit beste Job von allen!
Kibum 2017Impressum
für die NWZ-Lokalredaktion Oldenburg
Fotos: Nordwest-Zeitung,
Deutsche Presse-Agentur und Veranstalter
Das vollständige Programm zur Kinder- und Jugendbuchmesse in Oldenburg findet sich unter dem Link:
http://www.kibum-oldenburg.de/programm2017_uebersicht.html